Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
Vielen, vielen herzlichen Dank für die Einladung und die opulente Vorstellung. Im Hinblick auf das
Thema Stadt ist schon ganz am Anfang der Vorlesung einiges gesagt worden. Also ich
glaube mir nur über das Stream kann man sich ein paar von den Einheiten anschauen, unter anderem
von Wolf-Titer Buchhoff aus einer soziologischen Perspektive. Also die Frage der Problematisierung
des Begriffs Parallelgesellschaft spricht, dass das sozusagen oft halt eben eine Form von Konstrukt
ist, die auch gesellschaftlichen Realitäten entgegensteht und dass es dazu auch alternative
Konzepte gibt wie inclusive city oder ähnliche Dinge, mit denen man sozusagen die sozio-kulturellen
Prozesse, die in Städten ablaufen, auf eine andere Art und Weise umschreiben kann. Unser
Ausgangspunkt heute oder mein Ausgangspunkt heute ist im Rahmen eines Blicks auf die Filmstadt Marseille,
vor allem die Frage räumlich politischer und sozio-kultureller Aus- und Abgrenzungsprozesse,
das heißt eine Perspektive, die Inklusivität und Vielfalt in erster Linie oder nicht ausschließlich
im Hinblick auf eine ethnische Fokussierung oder eine ethnozentristische Fokussierung verfasst,
sondern eben genauso soziale sozio-kulturelle Formen der Abgrenzung und Ausgrenzung betrachtet.
Ich werde es in drei Schritten machen. Ich werde kurz zur Stadtgeschichte, zur topografischen
Verfasstheit von Marseille was sagen, damit man sich ungefähr was vorstellen kann, an was sozusagen
diese Filmemacher dann anknüpfen und kommen dann auf zwei Beispiele von den 1980er bis 2000er Jahren
zu sprechen. Zwei Filmemacher, die sich in Marseille auch verortet haben, nämlich René Alliot und
Robert Gedeion. Marseille ist ein Typus von Stadt, denn der Stadtforschung in den letzten Jahren von
Historikerinnen unter anderem wie Meiken Umbach immer wieder als Second City verfasst worden ist.
Was ist damit gemeint? Second City als eine Form von aufstrebender Stadt, ab circa eine halbe
Million Einwohner, die städtebaulich, ökonomisch, kulturell, literarisch lange im Schatten der
Metropolen gestanden sind, also im Fall von Frankreich Marseille im Schatten von Paris und Lyon,
die aber in den letzten Jahrzehnten zunehmend junge, mobile und kreative Milieus anziehen,
in einer Zeit, in der die alten Metropolen einerseits zum Teil unleistbar geworden sind
und zum anderen Seite auch an Dynamik und Freiraum verloren haben. Oft handelt es sich bei dieser
Kategorie um ehemalige Industrie- und Hafenstätten, die in den letzten Jahren sozusagen über die
Rausverlagerung der Hafenlandschaft oder einfach die Schließen so vieler Depots nochmal sozusagen
immobilienfrei geworden sind und in dem Prozess, der so allgemein unter dem Schlagwort der
Gentrifizierung gefasst wird, sozusagen eine neue ökonomische und kulturelle Dynamik entwickelt haben.
Ganz prominent, ich habe es hier unten nur erwähnt, hat es mal eine Titelseite vom Spiegel gegeben,
die diesbezüglich von Stätten, die sexy sind, gesprochen hat und es eben genau auf diese Kategorie
von Städten zielt, die in den letzten Jahren eben auch kulturell, auch touristisch angezogen haben.
Damit sind diese Formen von Städten der Second Citizen natürlich einerseits Städte, die sozusagen
ein alternatives Potenzial bieten, aber gleichzeitig auch ganz paradigmatische Orte eben der
Gentrifizierung, der Immobilien-Spekulation, der sozialen Segregation, also einer zunehmenden
Verdrängung prekärer Milieus von Migrationsmilieus, aber nicht nur Migrationsmilieus, eben aus
zentralen Zonen der Innenstadt. Marseille ist in dem Fall, insofern ein Sonderfall, wenn man
sie jetzt mit Barcelona oder Amsterdam oder solchen Städten vergleicht, dass es einerseits,
es war eine Stadt ist, die so knapp eine Million Einwohner umfasst, 855.000 als Stadt, das was man
dann als Regio Métropolitaine bezeichnet, knapp eineinhalb Millionen, also da zählt dann aber
schon Urbagne und diese umliegenden Orte dazu. Es ist mit 35 Kilometer Ufer und 24 Kilometer Rede
hat es ungefähr die gleiche Fläche wie Paris, wird aber immer wieder als eine Stadt bezeichnet,
die eigentlich aus lauter kleinen Vierteln besteht, die sozusagen von extremer Modernität bis zu
ganz archaischen Formen sozusagen einen Zusammenschluss bildet, der gar nicht als
eine Stadt an sich gefasst wird, zumindest von den Bewohnerinnen, die sich oft viel stärkere
subregional verorten hat. Wichtig im Vergleich des Französischen Kontextes zu sehen, dass wenn
man in Frankreich allgemein von Bonn-Lieu-Kultur oder von explodierenden Vorstädten entspricht,
dass in Marseille deutlich anders ausschaut, weil man aufgrund dieser Hafenanlage natürlich
keine klassische Zentrum-Peripherie-Struktur hat, also in der mittenen Stadt und außen rundrum die
Presenters
PD Dr. Daniel Winkler
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:28:16 Min
Aufnahmedatum
2017-01-10
Hochgeladen am
2017-01-21 18:41:38
Sprache
de-DE